Die Festungsbahn

Als die Eisenbahn durch Rheinhessen fuhr


Zu Beginn des Krieges bauten die in den rheinhessischen Ortschaften untergebrachten Festungskompanien von Rhein zu Rhein entlang einer Strecke von 55 km mehr als 350 betonierte Infanterie-, Artillerie- und Munitionsräume. Grundlage hierfür waren detaillierte und standardisierte Baupläne aus der Vorkriegszeit, aus denen sich die genaue Lage und Ausstattung der Festungswerke ergab. Innerhalb kurzer Zeit wurden im August 1914 umfangreiche Bodenarbeiten vorgenommen. Es entstanden Fundamente und Bodenplatten aus Beton. Festungsbahnen lieferten die auf den bereits in Friedenzeiten vorbereiteten Lagerplätzen gelagerten Wellbleche an, die vor Ort zu Deckenschalungen zusammengefügt wurden.  

Vor dem Krieg waren entlang der Selzstellung insgesamt sieben große militärische Lagerplätze in Wackernheim, Ebersheim, Zornheim sowie im Kesseltal und im Ober-Olmer Wald angelegt worden. Hier wurden hauptsächlich Wellbleche, Stacheldraht, Schotter, Sand und Gerät für die Festungsbahn gelagert und für den Abtransport zu Beginn eines möglichen Krieges vorbereitet.



 

Die Festungsbahn hatte im Endausbau eine Gesamtlänge von knapp 49 km. Diese von der Militärverwaltung gebauten Strecken unterteilten sich wie folgt:
- 40 km lang waren die mit der 60-cm-Spur gebauten Strecken der Ringlinie und der Linie II. Das Schienenprofil dieser Strecken war 8 cm hoch.
- 6,2 km lang waren die mit der 100-cm-Spur gebauten Strecken zwischen Wackernheim und Finthen sowie vor dem Fort Gonsenheim. Das Schienenprofil dieser Strecken war 115 mm hoch.
- 2,5 km lang war die Strecke der Zahnradbahn auf den Westerberg.
Die Strecken wurde ab August 1914 verlängert, indem regelmäßig die neugebauten Festungsanlagen und Stellungen mit neuen Gleisabschnitten an die vorhandenen Linien der Festungsbahn angeschlossen wurden.

 

In Wackernheim war die Festungsbahn an die Dampfbahn der Süddeutschen Eisenbahn-Gesellschaft (SEG) nach Mainz angeschlossen. Damit war die Lücke zwischen Wackernheim und der Verladestation am Rhein geschlossen und damit eine Bahnverbindung zwischen Weisenau und der Kaiserbrücke, den beiden Endpunkten am Mainzer Rheinufer, geschaffen worden.


 

Wichtigste Aufgabe der Festungsbahn war es, die Baustoffe (insbesondere für die Bauarbeiten ab 1914) herbeizuschaffen sowie den Transport der Munition und der Verpflegung sicherzustellen. Weiterhin hatte die Feldbahn eine wichtige Aufgabe für den Kriegsfall: Nur mit einem schnellen Transportmittel war es möglich, die mehrere Tausend Männer umfassenden Truppen zu den Festungsanlagen zu transportieren.

Beschreibung und Quelle der Bilder
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Großes Bild oben: Festungsbahn mit dem Munitionsraum auf dem Rabenkopf (Fort Rabenkopf) in Wackernheim im April 1915 auf einem Gemälde von André Brauch. Die detaillierte Rekonstruktion von Bahn und Festungswerk entstand auf der Grundlage von Plänen und Fotos. Bei der Lokomotive handelt es sich um eine Hartmann- Brigadelok. Diese zieht zwei Brigadewagen mit vier Achsen und einen zweiachsigen Förderbahnwagen (Quelle: Rudolf Büllesbach (© André Brauch)

Karte Mitte: Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes, Berlin (Karte), Rudolf Büllesbach (Bearbeitung)
Bilder neben Karten mitte: Stadtarchiv Mainz, Rudolf Büllesbach
Bild unten: Heutiger Zustand des Bahnhofs in Wackernheim. Er ist heute das größte in Rheinhessen erhaltene Bauwerk der Festung Mainz im Ersten Weltkrieg (Quelle: Rudolf Büllesbach)


 

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